Aviva Zacks von Safety Detective hat sich mit Avira CEO Travis Witteveen getroffen, um herauszufinden, wie Kunden sich vor Hackern schützen können, die es auf ihre smarten Geräte abgesehen haben.
Safety Detective: Können Sie mehr etwas mehr über Ihren Hintergrund verraten, zum Beispiel auch, wie Sie in die Cybersecurity gekommen sind?
Travis Witteveen: Ich habe mich in den frühen 90ern einer Netzwerkfirma namens FTP Software angeschlossen. Sie waren gerade dabei, TCP/IP Stacks für Windows Computer zu entwickeln. Dabei handelt es sich um das Protokoll, das dem gesamten Internet zugrunde liegt. In den frühen 90ern gab es zwar bereits Internet, es war jedoch noch nicht so weit verbreitet. Unser Vorstandsmitglied Vincent Cerf, der als Gründer des Internets gilt und momentan für Google arbeitet hat unsere Firma dazu gedrängt, das Protokoll und die Technologie weltweit bei Unternehmen bekannt zu machen. Ich habe gesehen, was für tolle Dinge man mit dem Internet machen kann, aber als dann plötzlich jeder online war, wurden langsam auch die Nachteile erkennbar.
Langsam habe ich mich auf den Sicherheitsaspekt konzentriert. Mir ist klar geworden, dass die Leute das Internet sicher nutzen können sollten, ohne sich Sorgen machen zu müssen, was mit ihren Daten, ihren Dateien oder anderen wichtigen Dingen passiert, was für Netzwerk-Sicherheit und Firewall-Technologien sprach, um Unternehmens-Netzwerke zu schützen.
In den späten 90ern habe ich mich einer kundenorientierten Firma namens F-Secure angeschlossen, die Sicherheit als Zusatzdienst bei Internetverbindungen für Kunden anbietet. Seitdem versuche ich, herauszufinden, wie ich Kunden eine sorgenfreie Internetnutzung ermöglichen kann.
SD: Was tut Avira, um Kunden vor Cyberbedrohungen zu schützen?
TW: Avira bedient zehn Millionen Kunden weltweit. Wir bieten alles, vom Schutz von Laptops, PCs, Mac Computern und Handys bis hin zum Schutz von intelligenten Heimgeräten, die sich mit dem Internet verbinden können.
SD: Vor welchen Cyberbedrohungen sollten sich die Kunden heutzutage in Acht nehmen?
TW: Die Bedrohung durch Malware ist immer noch sehr hoch, nimmt aber im Vergleich zu anderen neuen Bedrohungen nicht mehr exponentiell zu. Es gibt immer noch traditionelle Bedrohungen wie Phishing, wobei Hacker versuchen, Ihre Informationen abzugreifen oder Sie dazu bringen, personenbezogene Informationen preiszugeben.
Mittlerweile sind jedoch immer mehr Angriffe auf intelligente Heimgeräte zu verzeichnen. Bei ihnen sickert oft eine unglaubliche Menge an persönlichen Daten über ihre Besitzer und deren Lebensstil durch und sie werden zunehmend gehackt. Wir haben bereits mitbekommen, wie erste Video-Kameras und Baby-Monitore gehackt wurden und es kann zu Malwarebedrohungen kommen, wenn ein Gerät ein anderes infiziert. Die Bedrohungen gehen mittlerweile über die traditionellen Windows oder Mac Computer hinaus und betreffen nun alle Arten von Geräten, die Sie zu Hause haben.
SD: Wie kann Avira Menschen vor Bedrohungen für intelligente Heimgeräte schützen?
TW: Unsere Android- und Windows-Produkte (weitere Geräte sind in Planung) sind mit einem gratis Service namens Home Guard ausgestattet. Er informiert die Nutzer über Schwachstellen, schwache Passwörter und alles andere, was die Sicherheit oder Privatsphäre potentiell beeinträchtigen könnte. Das sind die Anfänge der Lösung.
Außerdem bringen wir diesen Monat ein neues Produkt namens Safe Things auf den Markt. Dabei handelt es sich um eine Firewall für zuhause. Wir haben die Technologie verwendet, die Unternehmen bereits seit Jahrzehnten nutzen und sie in ein benutzerfreundliches Heimgerät verwandelt. Dieses Gerät erkennt nicht nur, was vor sich geht, sondern überwacht auch Ihr System. Es warnt Sie, wenn Ihre verbundenen Geräte sich auffällig verhalten oder unerwartet mit anderen Geräten kommunizieren. Sie werden auch benachrichtigt, wenn Sie etwas an Ihrem Türschloss-System tun müssen, um Einbrüche zu verhindern. Das ist unser neustes Produkt, das dieses Jahr auf den Markt kommt.
SD: Gibt es neben Home Guard noch andere Dinge durch die Sie sich von anderen Antivirus-Unternehmen abheben?
TW: Unser Slogan lautet “Protecting People in the Connected World” (zu Deutsch: “Wir schützen Menschen in der Online-Welt”). Deswegen haben wir auch eine relative große Suite namens Avira Free Security, die der durchschnittliche Nutzer benötigt, um im Netz sicher unterwegs zu sein. Wir bieten klassische Antivirus-Produkte, Passwort Management und Leistungsoptimierungs-Tools- Außerdem verfügen wir über Tools zur Software-Aktualisierung, die dafür sorgen, dass Ihr System und Ihre Geräte auf dem neusten Stand sind, sowie Privatsphäre-Berater, die Ihnen dabei helfen, Ihr System zu sperren und nur Daten teilt, die Sie auch teilen wollen. Wir bieten VPN-Technologien, damit Sie sicher und anonym surfen oder Informationen auf eine sichere und private Art und Weise aufrufen können. All das haben wir in einem großen Produkt gebündelt, einschließlich die IoT-Seite.
Was die einzelnen Funktionen betrifft, ist Avast uns wahrscheinlich am ähnlichsten, aber wir haben auch noch ein paar andere Dienste, die wir unseren Kunden kostenlos anbieten. Es ist also im Grunde genommen kundenorientiert und deckt alle Risiken für Kunden ab, die wir identifizieren können. Dazu verwenden wir die neusten Technologien wie maschinelles Lernen, so dass der Fußabdruck des Systems sehr gering ist, der Nutzer aber alles Online machen kann, ohne sich Sorgen machen zu müssen.
SD: Bieten Sie in erster Linie Services für Kunden?
TW: Wir verkaufen jedoch nicht nur an Endnutzer, sondern bieten auch Avira-Pakete für Drittanbieter. Unternehmen wie Juniper and Barracuda (US), McAfee und WeChat (China) kaufen unsere Technologie und bauen sie in ihre Produkte ein, um sie für ihre Unternehmens- und Privatkunden sicherer zu machen. Das ist ungewöhnlich, da nur wenige andere Sicherheitsanbieter das tun, was es anderen Anbietern ermöglicht, ihren Kunden mehr Sicherheit zu bieten.
SD: Wie schätzen Sie die Zukunft von Cybersecurity ein?
Avira: Ich wünschte, wir könnten sagen, dass es sicherer wird, aber leider ist das Gegenteil der Fall. Die Smart Home Technologien und loT-Geräte bringen neue Hersteller auf den Markt, doch der Fokus liegt nicht auf Sicherheit, sondern auf Funktionalität. Sicherheit ist immer noch zweitrangig und im Moment beobachten wir eine Explosion in den Bereichen Privatsphäre, Datenraub, Infektionen und Ausspähung. Das ist der falsche Weg, da den Herstellern Funktionalität wichtiger ist als Sicherheit.
Andererseits wird Malware für Hacker immer uninteressanter, da die Betriebssysteme von Windows, Mac, Android und IOS immer sicherer werden. Dafür kommt es immer häufiger zu Identitätsdiebstählen, Datenrauben und Zugriffen auf Anmeldeinformationen. Ich glaube, dass der Trend auf dem Markt zum Schutz der Identität von Personen geht. Der Anfang ist getan, aber in Zukunft wird es immer mehr Services rund um Identität und Privatsphäre geben.
SD: Wie schafft es Avira den Bedrohungen einen Schritt voraus zu sein?
Avira: Heutzutage Lösungen zu bieten und involviert zu sein schafft eimn Bewusstsein für das, was morgen passiert. Unsere Bedrohungsforscher denken darüber nach, inwiefern Bedrohungen Nutzern ein so unsicheres Gefühl geben, dass sie keine Freude mehr an der Internetnutzung haben. Wir lernen ständig dazu und beobachten den Markt aufmerksam.
Ich möchte als Beispiel den Connceted TV von Samsung anführen. Dabei handelt es sich um ein voll entwickeltes Computersystem, das gleichzeitig auch ein Marketing-Tool ist. Wenn Sie einen Samsung TV bei sich zuhause installieren, scannt er Ihre gesamte Wohnung, um herauszufinden, welche Geräte sich noch dort befinden.
Dann werden die Daten an Anzeigennetzwerke und Tracking-Dienste übertragen, die sich Ihre Daten zu Nutze machen, um mehr über Sie zu erfahren, darunter beispielsweise Ihr Einkommen und Ihre Familie. Sind Sie verheiratet? Haben Sie Kinder? Wann sind Sie zuhause oder unterwegs? Welche TV-Sender sehen, streamen oder laden Sie herunter? Was sind Ihre Vorlieben, welche Geräte haben Sie, wie verbunden ist Ihr zuhause?
Da kommen wir uns spiel. Denn auch wenn Sie Samsung vielleicht vertrauen, kann es sein, dass viele andere Geräte, denen Sie nicht vertrauen, die Daten hochladen.
SD: Klingt so, als wüsste Avira, wie es uns vor diesen Gefahren schützen kann, selbst wenn wir uns dessen gar nicht bewusst sind.
TW: Genau. Wir müssen dem Verbraucher diese Last abnehmen. Es ist zu kompliziert.